Das IBO entwickelte den Entsorgungsindikator EI10, um die Entsorgungseigenschaften von Baustoffen und Baukonstruktionen systematisch zu bewerten. Heute ist er ein fester Bestandteil mehrerer Gebäudebewertungssysteme und ist unter Anderem in den Bewertungen von klimaaktiv und den IBO Ökopass enthalten.
Zwei zentrale Kennwerte bilden das Herzstück der Bewertung: Die Entsorgungseinstufung IST bewertet die Qualität der verfügbaren Entsorgungswege auf einer Skala von 1 bis 5, während das Verwertungspotential POT das zukünftige Recyclingpotential eines Baustoffes abschätzt. Die folgenden Abschnitte erläutern, wie diese Bewertungssysteme im Detail funktionieren und welche Kriterien dabei eine Rolle spielen.
Bewertung von Konstruktionen
Für die Berechnung der Entsorgungseigenschaften einer Bauteilkonstruktion werden das Volumen eines Baustoffes je Bauteilschicht bzw. Konstruktion, die Nutzungsdauer, die Entsorgungseinstufung IST und das Verwertungspotential POT herangezogen. Diese Parameter fließen in die Berechnung des Entsorgungsindikators EI KON für einzelne Konstruktionen und letztendlich in den EI10 auf Gebäudeebene ein.

IST – Entsorgungseinstufung
Die Entsorgungseinstufung bewertet die drei hauptsächlichen Entsorgungswege von Baustoffen auf einer Skala von 1 bis 5, wobei 1 das beste Ergebnis darstellt:
Entsorgungseinstufung | 1 🟢 | 2 🟢 | 3 🟡 | 4 🟠 | 5 🔴 |
---|---|---|---|---|---|
RECYCLING | Wiederverwendung bzw. -verwertung zu technisch gleichwertigem Sekundärprodukt oder -rohstoff | Recyclingmaterial wird mit geringem Aufwand sortenrein gewonnen und kann hochwertig verwertet werden. | Recyclingmaterial ist verunreinigt, kann mit höherem Aufwand rückgebaut und nach Aufbereitung verwertet werden | Downcycling | Kein Recycling möglich |
VERBRENNUNG | Hoher Heizwert (>2000 MJ/m3); natürliche Metall- und Halogengehalte im ppm-Bereich, sortenreines Material | Wie 1, jedoch nicht sortenrein Anteil an nicht-organischen Fremdstoffen beträgt <3 Massen-% | Wie 1 oder 2, jedoch mittlerer Heizwert (500 – 2000 MJ/m3) oder geringfügige Metall- oder Halogengehalte (< 3 Massen-%) | Hoher Stickstoffgehalt, hoher Anteil mineralischer Bestandteile oder erhöhter Metall- oder Halogengehalt (3-10 Massen-%) | Hoher Metall- oder Halogengehalt |
DEPONIERUNG | Zur Ablagerung auf Inertabfalldeponie geeignete Abfälle | Zur Ablagerung auf Baurestmassen geeignete Abfälle ohne Verunreinigungen | Materialien mit geringem Anteil nicht-mineralischer Bestandteile, z.B. mineralische Baurestmassen mit organischen Verunreinigungen durch Bitumen oder WDVS-Resten | Gipshaltige, faser förmige oder mineralisierte organische Materialien sowie Materialien mit erhöhtem Anteil nicht-mineralischer Verunreinigungen. | Organisch-mineralischer Verbund, Metalle als Verunreinigungen von Baurestmassen |
Beurteilt wird sowohl der aktuelle Entsorgungsweg, der zum jetzigen Zeitpunkt überwiegend (mindestens 80%) beschritten wird, als auch das Verwertungspotential für die Zukunft.
POT – Verwertungspotential
Das Verwertungspotential gibt an, welcher Anteil eines Baustoffs theoretisch als Abfall anfällt. Es wird ebenfalls auf einer Skala von 1 bis 5 bewertet.
Verwertungspotential | Abfallreduktion oder -erhöhung |
---|---|
1 | 25 % |
2 | 50 % |
3 | 75 % |
4 | 100 % |
5 | 125 % |
Das Verwertungspotential berücksichtigt zu erwartende zukünftige Entsorgungswege und die Aufwände für die Entsorgung. Bei Baustoffen mit einem Verwertungspotential 5 wird zusätzliches Material zur Aufbereitung benötigt, weshalb das Abfallvolumen erhöhen wird.
Diese beiden Kennwerte – Entsorgungseinstufung und Verwertungspotential – bilden zusammen mit dem Volumen und der Nutzungsdauer die Grundlage für die Berechnung des Entsorgungsindikators und ermöglichen eine objektive Bewertung der Entsorgungseigenschaften von Baukonstruktionen über den gesamten Lebenszyklus.