Berechnung Sommerliche Überwärmung für ein Büro

In einer Gegenüberstellung werden die verschiedenen Einfussfaktoren und ihre Auswirkungen in der Berechnung der sommerlichen Überwärmung nach ON B 8110-3 :2012, anhand eines Büros mit drei Arbeitsplätzen aufgezeigt.

Als Eingabedaten reichen der Standort, die Bauteile, die Flächen der Bauteile, Verschattung und Belüftung. Wenige Eingaben in ArchiPHYSIK 11 führen zu umfangreichen Aussagen.

Operative Temperatur

Die operative Temperatur ist der Maßstab, an dem die Sommertauglichkeit gemessen wird. Das detaillierte Verfahren ermöglicht es, den Temperaturverlauf 1 für einen Sommertag darzustellen. Die operative Temperatur (blaue Kurve im Diagramm) stellt nicht nur die Lufttemperatur dar, sondern bezieht auch die Oberflächentemperaturen der raumbildenden Bauteile mit ein.

Die zweite (orange) Kurve zeigt die Aussen-Lufttemperatur am 15. Juli, welche für die Simulation verwendet wird. Die Aussen-Lufttemperatur wird dabei mit demselben Modell (ON B 8110-5) ermittelt, wie auch die Monatstemperaturen für den Energieausweis. Für diesen Anwendungsfall wird jene Temperatur angesetzt, die im Mittel an nur 13 Tagen im Jahr überschritten wird (NAT T13).

Sommerl Überwärmung Büro SüdWest Variation 002

Anforderungen laut Norm

Die Anforderungen sind in der ON B 8110-5 definiert. Die maximale operative Tages-Temperatur 1 eines Raumes darf die Grenze von +27°C nicht überschreiten. Für Ruheräume ist eine zweite Temperaturgrenze einzuhalten. Nachts 2 muss die Temperatur unter +25°C absinken können.

Sommerl Überwärmung Büro SüdWest Variation 003

Ausgangssituation

Beim betrachteten Raum handelt es sich um einen Büroraum mit drei Arbeitsplätzen. Es wird eine massive Bauweise (Stahlbeton) angenommen. Wie in der Büronutzung durchaus gängig, werden die Fenster nachts nicht offen gehalten. Es werden auch keine Verschattungseinrichtungen bei den Fenstern angenommen. Der Raum wird mit einer RLT-Anlage belüftet.

Grundriss 2D Büroraum

Grundriss eines einfachen Büroraums mit Süd-West Ausrichtung

Der Tageshöchstwert 1 der operativen Temperatur liegt bei +32 bis +33°C.

Da keine Nachtlüftung erfolgt, bleibt die Temperatur in der Nacht relativ konstant 2. Markant ist der Temperatursprung am frühen Morgen 3. Hier unterstellt das Berechnungsverfahren, dass am Morgen die Fenster geöffnet werden um kühle Aussenluft in den Raum zu lassen. Nach dieser kurzen Abkühlung in den Morgenstunden steigt die operative Temperatur im Laufe des Tages wieder an.

Sommerl Überwärmung Büro SüdWest Variation 004 Stahlbeton

Ziegelbauweise

In einer ersten Maßnahme betrachten wir nun eine Änderung der Bauweise zum Ziegel hin. Diese Einzelmaßnahme bringt nur eine geringe Änderung. Der maximale Tageswert ändert sich kaum und das Maximum verschiebt sich ganz leicht Richtung Abend.

Sommerl Überwärmung Büro SüdWest Variation 005 Ziegel

Leichtbauweise

Die nächste Änderung ist wieder eine Änderung der Bauweise. Diesmal wird ein Leichtbau angenommen. Die Reduktion der Speichermasse im Raum wirkt sich massiv aus. Die operative Temperatur nähert sich der +35°C Marke an 1.

Bereits vormittags überschreitet der Raum die Grenze von +27°C. Produktives Arbeiten wird fast unmöglich.

Sommerl Überwärmung Büro SüdWest Variation 006 Leichtbau

Sonnenschutz

Erst das Anbringen und verwenden eines Sonnenschutzes stellt eine wirksame Maßnahme zur Reduktion des Maximalwertes dar. Der Raum bleibt zwar immer noch deutlich über dem maximalen Wert, aber dieser verschiebt sich zeitlich und wird erst am späteren Nachmittag überschritten. Eine wesentliche Verbesserung der Arbeitsumgebung im Büroraum. Das Fehlen einer Abkühlphase kann diese Maßnahme aber nicht abfedern.

Sommerl Überwärmung Büro SüdWest Variation 007 mit Sonnenschutz

Nachts gekippte Fenster

In einer weiteren Maßnahme unterstellen wir nun, dass die Fenster nachts gekippt werden können. Dabei ist natürlich sicherzustellen, dass dies auch möglich ist. Wenn keine Sicherheits-, Lärm-, Geruchs- oder andere Belastungen dagegen sprechen, ist dies ein erster Schritt, die Nachtzeit zu nutzen, um die in den Raumoberflächen gespeicherte Wärme abzuführen.

Es lässt sich sehr schön erkennen, wie im Nachtzeitraum 1 die operative Temperatur absinken kann. Am Morgen wird zwar immer noch unterstellt, dass jemand ein Fenster aufmacht (der leichte Knick in der Kurve bleibt), aber der Maximalwert der operativen Temperatur wird nun erst um 16 Uhr nachmittags überschritten.

Sommerl Überwärmung Büro SüdWest Variation 008 mit gekippten Fenstern

Nachts geöffnete Fenster

Ein Sonnenschutz und nachts geöffnete Fenster bringen die maximale operative Temperatur des Raums in unserem Beispiel zum ersten Mal unter den Anforderungswert. Der bisher bekannte Knick im Temperaturverlauf 1 erscheint nicht mehr, da die nächtliche Auskühlung, nachhaltig über die ganze Nachtzeit wirken kann.

Sehr schön ersichtlich ist, wie die operative Temperatur im Raum – leicht verschoben – der angenommenen Aussen-Lufttemperatur folgt.

Sommerl Überwärmung Büro SüdWest Variation 009 mit geöffneten Fenstern

Einfluss der Raumlufttechnik

In einer letzten Maßnahme wird die RLT-Anlage, welche den Raum versorgt, entfernt. Diese Anlage führt dem Raum über die Ventilatoren ebenfalls Wärme zu. Die Auswirkungen sind in unserem Beispiel nicht besonders hoch, aber es zeigt, dass es Einflussfaktoren gibt, an die nicht unbedingt sofort gedacht wird.

Sommerl Überwärmung Büro SüdWest Variation 010 ohne Raumlufttechnik aber mit Fensterlüftung

Schlussfolgerung

Das detaillierte Verfahren zur Berechnung der sommerlichen Überwärmung nach ON B 8110-3 :2012 erlaubt einen Blick auf den Raum und sein Verhalten, wie er bisher nicht möglich war.

Die verschiedenen Einflussfaktoren lassen sich mit den Diagrammen recht einfach vergleichen und die planerischen Maßnahmen können schon vor dem Einbau einer aufwendigen und meist teuren Kühltechnik, der sommerlichen Überwärmung entgegenwirken.

Literaturhinweise:

  • ON B 8110-3 :2012: Wärmeschutz im Hochbau – Teil 3: Vermeidung sommerlicher Überwärmung
  • ON B 8110-5 :2012: Wärmeschutz im Hochbau – Teil 5: Klimamodell und Nutzungsprofile
  • Baukonstruktionslehre 4 mit CD-ROM, Bauphysik